Ihr Dienstantritt fiel in die Corona-Pandemie. „Daran konnte ich besonders deutlich wahrnehmen, wie professionell und engagiert diakonische Arbeit geleistet wird.“ Zwei Wochen vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg äußerte Oberkirchenrätin Dr. Annette Noller, Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, mit ihren Vorstandskollegen bei der Jahrespressekonferenz am 26. Februar Forderungen an die künftige Landesregierung. So rückte sie angesichts zunehmender Armut das Wohnen in den Blick. Es würden zwar Sozialwohnungen gebaut, aber immer noch mehr Wohnungen aus der Mietpreisbindung fallen als hinzu kommen. 80.000 Sozialwohnungen müssten in den nächsten zehn Jahren in Baden-Württemberg neu gebaut werden, um der Nachfrage gerecht zu werden. Die grün-schwarze Landesregierung habe mit der Wohnraumallianz und Förderprogrammen einiges auf den Weg gebracht, in der Wohnungspolitik sei allerdings in den vergangenen 30 Jahren „zu viel versäumt“ worden, sagte Noller.
Noller rief außerdem dazu auf, Kritik in Bezug auf Beschäftigte im sozialen Bereich mit Bedacht zu äußern:
In allen Arbeitsbereichen habe man mit kreativen Lösungen Menschen weiterhin unterstützt, etwa bei der Beratung Suchtkranker im Freien. Sie ruft das Land dazu auf, verstärkt als Moderator für die Themen des gesellschaftlichen Zusammenhalts tätig zu werden. Auch verlässliche Finanzierungsstrukturen seien für viele Bereiche wichtig, besonders auch für die Frauenschutzhäuser.
Kirchenrätin Eva-Maria Armbruster, Vorstand Sozialpolitik, kommentierte die nicht erstatteten coronabedingten Mehrkosten in der Eingliederungshilfe. Die aktuellen finanziellen Schwierigkeiten der Einrichtungen behinderten zukünftige Investitionen in innovative Angebote. So sieht sie auch die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) in Gefahr:
Prinzipiell wünscht sie sich bei Querschnittsthemen eine bessere Kommunikation zwischen den Ressorts in den Ministerien. Armbruster sieht nicht nur bei der öffentlichen Wahrnehmung der Pflegekräfte Verbesserungsbedarf. Deren Situation müsse bei der Bezahlung, den Arbeitszeiten und der Wertschätzung verbessert werden, auch um neues Personal gewinnen zu können. In der Kinder- und Jugendhilfe müssten bestehende Strukturen gestärkt werden, um junge Menschen bei psychischen Problemen aufgrund der Pandemiesituation zu stabilisieren.
Als Finanzvorstand der Diakonie Württemberg betonte Dr. Robert Bachert, dass die Corona-Pandemie deutlich mehr personelle Ressourcen in den Einrichtungen fordere. Deshalb solle der Rettungsschirm Pflege eine längere Laufzeit bekommen. Mindereinnahmen durch geschlossene Werkstätten oder kleinere Betreuungsgruppen, etwa in der Behinderten- oder Jugendhilfe, müssen abgefedert werden. Positiv bemerkte er, dass die Tagesbetreuungsangebote im zweiten Lockdown weitergeführt werden konnten. Außerdem rief er dazu auf, Menschen mit geringem Einkommen und unterschiedlichen Einschränkungen bei der Ausstattung von Geräten und deren Anwendung zu unterstützen, damit sie nicht zu „Digitalisierungsverlierern“ würden. Als Gesellschafter des Verbands für die Digitalisierung in der Sozialwirtschaft arbeiteten Kirche und Diakonie in Württemberg daran, dass gemeinnützige Angebote der Unterstützung leicht im Internet gefunden werden.