Forderndes Aufgabenfeld Wohnungslosenhilfe

„Die Wohnungsnotfallhilfe in Stuttgart ist meiner Erfahrung nach sehr gut aufgestellt. Es gibt ein breit gefächertes Angebot für Jugendliche, Frauen, Männer und Paare. Fachberatungen sind für Wohnungslose oder für von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen gut zugänglich. Auch die Vermittlung in geeignete Unterbringungsformen mit geschlechterspezifischen Hilfeansätzen beurteile ich als sehr gut. Es gibt darüber hinaus diverse Arbeitskreise, Fachtagungen und Fortbildungsreihen, die gerade für mich als neu im Handlungsfeld Arbeitende von großem Nutzen ist. Die Angebote für lesbische, schwule, transgender und queere Menschen sind meines Erachtens allerdings ausbaufähig, es müssen Vernetzungsstrukturen zwischen Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und der LGBTQ-Community geschaffen werden. Auch die bereichsübergreifende Vernetzung und Zusammenarbeit mit anderen im Hilfesystem tätigen Sozialarbeitern ist noch ausbaufähig. Vor allem im frauenspezifischen Bereich können viele Hilfesysteme aufeinander treffen, sind Kinder involviert, braucht es gute und vertrauensvolle Kontakte mit dem Jugendamt; aufgrund von psychischen Krankheitsbildern das fachliche Wissen von Medizinerinnen und Pflegern sowie den sozialpsychiatrischen Diensten und Einrichtungen; durch Alkohol- und Drogenabhängigkeit eine enge Anbindung an die Sucht- und Drogenhilfe etc. Als weitere zentrale Herausforderung sehe ich die Unterbringung von Netzwerkprüfern. Oftmals bedarf es eines multidisziplinären Gefüges, da diverse Belastungslagen vorliegen, hierfür fehlt es aber an geeigneten, frauenspezifischen Einrichtungen.“

Lena-Katharina Heim, Käthe-Luther-Haus, Ev. Wohnheime, Stuttgart

„In der ambulanten Wohnungslosenhilfe und in der Fachberatung fällt mir auf, dass ein zunehmend jüngeres Klientel Unterstützung sucht. Neben der Wohnungsproblematik kommen häufig psychische Auffälligkeiten wie Depressionen hinzu, Arbeitslosigkeit, Schulden sowie Suchtproblematiken – hier geht der Trend zum Konsum von Cannabis, Amphetaminen. Gerade bei den Jüngeren fallen Entwicklungsrückstände auf, es fehlt der respektvoller Umgang mit Mitmenschen oder das Einhalten von Absprachen. Aufgrund der vielschichtigen Problemlagen muss man verschiedene Grundfachkenntnisse haben, um eine adäquate Hilfe leisten zu können. Zudem kommen auch immer wieder Anfragen zum Umgang mit „Messies“. Allerdings weniger von den Betroffenen, sondern eher von Vermietern oder Angehörigen. Weiter nehme ich wahr, dass viele Unterstützung in rechtlichen Belangen wie der Existenzsicherung benötigen, zum Beispiel bei Antragstellungen von ALG II. Die Möglichkeit der ordnungsrechtlichen Unterbringung scheint den meisten Hilfesuchenden auch nicht bekannt zu sein. Ebenso nehme ich wahr, dass die Wohnungsmarktlage schlecht, Obdachlosenunterkünfte sehr oft voll belegt sind.“

Swen Schreier, Diakonieverbund Dornahof und Erlacher Höhe, Ambulante Hilfen Rems-Murr

„Es gibt in der Wohnungslosenhilfe nichts, was es nicht gibt. Der Hilfebedarf der Menschen erstreckt sich quasi über jedes Feld, von körperlichen Erkrankungen, Behinderungen, psychischen Belastungen und Erkrankungen, Straffälligkeit, Sucht über Trennungs- und Scheidungs-, aber auch Sorgerechtsthemen. Alles kann als Problem mitgebracht werden und alles bedarf individueller Lösungen.
Was außerdem auffällt, ist die große und immer weiter zunehmende Zahl an jungen Menschen, die im Jugendhilfesystem nicht mehr bleiben können oder wollen, ebenfalls vielfältige Problemlagen mitbringen und eigentlich einen anderen Bedarf haben, dieser aber nirgendwo gedeckt wird. So landen sie auch bei uns.
Problematisch ist, dass der zunehmende Bedarf von jüngeren Menschen, der über die allgemeine Wohnungslosenhilfe eigentlich nicht gedeckt werden kann, weil wir zu wenig Betreuungskapazität haben. Außerdem ist die Tatsache, dass jeder Mensch in unserem System eine eigene Problem-Konstellation mit sich bringt, eine große Herausforderung, da es keine „gängigen“ Wege gibt, sondern – in der Regel mit begrenzten Mitteln – die individuellen, bestmöglichen Lösungen gefunden werden. Dafür braucht es viel Flexibilität, Kreativität und gute Kenntnis von allen möglichen Unterstützungsmöglichkeiten.“

Tina Schubert, Fortis e.V., Aufnahmehaus für Wohnungslose, Böblingen

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