Aufbruch ins Gemeinwesen

„Quartier“ – schon wieder ein neuer Trend? Ist die Mitgestaltung von Nachbarschaft, des „Sozialraums“ oder des Viertels nicht schon immer bei Kirchengemeinden, diakonischen Einrichtungen und Trägern fest im Blick?

Klar ist, dass Gemeinwesen-Arbeit eine große Chance ist – und vor allem dann, wenn Kirche und Diakonie sie gemeinsam mit Leben füllen. Und zwar gerade in dieser Zeit, in der Nachbarschaften wichtiger werden und sich die Menschen wieder stärker aufs Lokale besinnen. In der sie von ihrer Kirche und Diakonie erwarten, dass sie Antworten darauf gibt, wie insbesondere alte, arme und behinderte Menschen oder auch Menschen mit kleinem Geldbeutel oder Fluchterfahrung teilhaben können. Und so auch das Gemeindeleben vielfältiger und reicher, eben „inklusiver“ wird.

Weil aber die Akteure vor Ort bei der Ausgestaltung nicht allein gelassen werden dürfen, haben Evangelische Landeskirche und ihre Diakonie vor mehr als zwei Jahren das Projekt „Aufbruch Quartier“ gestartet. Neben ihren großen Netzwerken haben vor allem Kirchengemeinden auch in anderer Hinsicht gefüllte Schatzkisten: Kirchen, Gemeinde- und Pfarrhäuser, die zwar oft zu groß oder in die Jahre gekommen sind oder einen neuen Anstrich brauchen. Die aber ideale Mittelpunkte im Quartier sind und Raum bieten, den beispielsweise Kommunen oder diakonische Einrichtungen und Dienste oft händeringend suchen.

Instagram-Beitrag über das neue inklusive Gemeindezentrum Wendlingen. ©Diakonie Württemberg

Dass die Diakonie  ihre kirchlich-diakonischen Partner beim „Heben“ der Schätze nicht allein lässt, das ist – zumindest bis Ende 2024 das Versprechen des Projekts „Aufbruch Quartier“. Schon genug, dass dabei auf den Kirchengemeinderat Entscheidungen zukommen, bei dem schnell mehrere Millionen im Spiel stehen. Oder dass sie viele Jahre eng zusammenarbeiten mit hochprofessionellen diakonischen Dienstleistern, wenn beispielsweise Menschen mit Behinderungen ins umgebaute Gemeindehaus einziehen. Oft verbindet sich dann damit auch die Frage, wer man als Gemeinde sein will in den nächsten Jahren und Jahrzehnten und für wen man da sein will.

Fachlich setzt das Projekt  auf einen „Sozialraum-Trialog“: Idee dabei ist, dass Kirchengemeinden, kirchliche Einrichtungen und Dienste sowie freie diakonische Träger vor Ort eine Dreier-Partnerschaft eingehen und miteinander „ins Geschäft kommen“. Gemeinsam gestalten sie dann inklusive Quartiere. Dies basiert auf der Annahme, dass sich so Kräfte und Angebote bündeln lassen und die Partner im sozialen Raum stärker als Einheit wahrgenommen werden und wirksam sind: „Nur miteinander sind wir wirksame Kirche.“ Das Projekt will so an ausgewählten Orten die Quartiersentwicklung in Städten, Gemeinden und Dörfern voranbringen und Kirche vor Ort neu Bedeutung geben – und so zu einem gelingenden Leben der Menschen in den Quartieren beitragen. Kirche und Diakonie sollen gemeinsam bezüglich Städten und Gemeinden als Partnerinnen und Partner auf Augenhöhe sichtbar und wirksam werden. Sie können so in der Entwicklung von Städten und der dortigen Infrastruktur zu einer bedeutsamen Kraft werden.

„Aufbruch Quartier“ in Horb geht dahin, wo die Menschen sind – zum Beispiel am Bahnhof. ©Wolfram Keppler

Deutlich wird, dass das Projekt in einem sich dynamisch veränderten Umfeld von Kirchen- und Gemeindeentwicklung gerade „zur rechten Zeit“ kommt. Die Beratungs- und Begleitangebote werden stark genutzt und als äußerst hilfreich bewertet. Hier ermöglicht das Projekt neue Wege der diakonischen Gemeindeentwicklung, indem Quartiersentwicklung als Chance für ein neues Selbstverständnis und eine neue Wirksamkeit in der Zivilgesellschaft deutlich wird und Umsetzungsoptionen aufgezeigt werden. Deutlich wird, dass es sich dabei in der Regel um längerfristige Prozesse handelt, die entsprechend personell und finanziell abgedeckt sein müssen. Quartiersarbeit wird theologisch als Wesensmerkmal von Kirche, die sich immer als Kirche und ihre Diakonie versteht, verstanden.

Beispiele für die Umsetzung vor Ort

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