Die Beteiligung und Mitbestimmung von Menschen mit Behinderung ist wichtiges Ziel im Verband. Partizipationsprozesse haben sich in den Fachbereichen Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie enorm erweitert. In der Landesgeschäftsstelle gibt es inzwischen eine übergreifende AG Partizipation.
Die Diakonie Württemberg schafft Rahmenbedingungen und Strukturen, damit ethische Grundlagen und partizipative Haltungen auch umgesetzt werden können. Das bedeutet für die Landesgeschäftsstelle, insbesondere die operative Ebene in den Blick zu nehmen.
„Wir mischen uns verstärkt für die Teilhabe aller ein. Wir arbeiten anwaltschaftlich und partizipativ an der Überwindung von Ausgrenzung und Herabwürdigung“
Diakonie Württemberg, Strategische Ausrichtung 2018-2023
Partizipation ist mehr als Teilhabe und bedeutet, aktiv in Gestaltungs- und Entscheidungsprozesse einbezogen zu sein. Es geht um einen eröffneten Zugang und aktives Handeln im Rahmen von Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen. Dabei-Sein, Teil-Sein, Teil-Haben ist ergänzt um Mitgestaltung und Einflussnahme. Einfluss nehmen kann bedeuten: mitmachen, mitwirken oder (mit) entscheiden.
Partizipation findet auf unterschiedlichen Ebenen statt: Auf der individuellen Ebene, in Gruppen, in der Organisation, in der Kommune, dem Gemeinwesen bzw. dem Quartier. Jede Form der selbstbestimmten Teilhabe ist Grundlage und Voraussetzung für Beteiligungsprozesse.
Im Bundesteilhabegesetz (BTHG) und auch im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) sind die rechtlichen Grundlagen dafür gesetzlich verankert. Klar ist, dass eine gelingende Partizipation entsprechende Rahmenbedingungen, inklusive Kompetenzen und Haltungen voraussetzt. Menschen mit Behinderungen und/oder psychischen Erkrankungen treffen nach wie vor auf Barrieren.
„Wir mischen uns in die gesellschaftlichen und sozialgesetzlichen Umbrüche ein und entwickeln die Qualität unserer Arbeit (…) weiter“. Ein weiterer Leitsatz im Rahmen der strategischen Ausrichtung des DWW.
Um Partizipation zu ermöglichen, braucht es eine Innensicht, verbunden mit dem Auftrag, partizipative Strukturen aufzubauen, wo sie fehlen. Auch zu schauen, welche Strukturen selbstbestimmte Teilhabe und Partizipation zulassen, was hemmt oder gar einschränkt.
Die Diakonie Württemberg befindet sich in diesem Prozess. Sie will auch
- die Aktivitäten der Mitglieder bezüglich der Partizipation unterstützen
- das Wissen und die Kompetenz im Verband systematisch ausbauen, d.h. Formate zum Austausch und zur Qualifizierung zwischen den Abteilungen und den Fachverbänden bzw. deren Mitgliedern schaffen. (Stichpunkte: Einladung zum Trialog, verstärkte Zusammenarbeit mit der Selbsthilfe, Stärkung des ehrenamtlichen Engagements benachteiligter Menschen)
- betroffene Menschen in die Erarbeitung von verbandlichen Positionen einbeziehen
- Beteiligungsstrukturen innerhalb des Verbandes ausbauen, z.B. Umsetzung von Gewaltschutzrichtlinien.
(aus der AG Partizipation im DWW)
Der Fachverband Behindertenhilfe im Diakonischen Werk Württemberg arbeitet seit vielen Jahren mit einem Beirat, in dem sich Menschen mit Behinderung, Angehörige und ehrenamtlich Engagierte zu aktuellen fachpolitischen Themen austauschen und Empfehlungen an den Vorstand des Fachverbands geben. Der Beirat wirkt bei Veranstaltungen des Fachverbands und der Diakonie Württemberg mit. Es gibt eine eigens entworfene Geschäftsordnung, die die Arbeitsweise regelt. Inzwischen ist in der diakonischen Fachöffentlichkeit der Beirat eine feste Größe. Bei Diskussionen rund um den Menschen- bzw. Gewaltschutz wird er selbstverständlich einbezogen und fehlt auch nicht bei Gedenkfeiern zum Thema Euthanasie. Das Selbstbewusstsein aller Mitwirkenden ist über die Jahre gewachsen. Die übertragene Verantwortung hat die Mitglieder des Beirats gestärkt.
Partizipative Prozesse sind undenkbar ohne zusätzliche Personalressourcen. Die Begleitung des Fachverbandsbeirats, die Unterstützung von Werkstatträten und Bewohnerbeiräten, die intensive Assistenz zum Beispiel im Rahmen einer Persönlichen Zukunftsplanung als Vorbereitung für das Gesamtplanverfahren oder auch die Begleitung von engagierten Menschen mit Handicap im Quartier oder in der Kirchengemeinde sind Beispiele dafür. Hinter all diesen Fachleistungen steht Personal. Und das ist nur der kleine Ausschnitt, bezogen auf die gewählten Interessensvertretungen. Das Dabei-Sein, Teil-Sein, Teil-Haben – im besten Fall ergänzt um Mitgestaltung und Einflussnahme – ist aber allen Menschen mit Behinderung und psychischer Erkrankung zu ermöglichen. Es reicht nicht, auf die „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu vertrauen, da viele Menschen mit Einschränkungen ein Leben lang auf Assistenz angewiesen sein werden.
Grundfragen zur Stärkung der Partizipation
- Wie bringen wir die genannten Herausforderungen in Sachen Partizipation mit einer immer dünner werdenden Personaldecke zusammen?
- Sind partizipative Prozesse nur über Kreativität bei den Leistungserbringern und den Verbänden bzw. durch externe Projektförderung möglich?
- Wie gelingt es uns, die Grenzen aufzuheben und nicht nur zu verschieben?